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Protest: Kampf der Menschen für die Elbfähre geht in die zweite Runde

Aus Ferchland berichtet Falk Heidel

 

Eine ganze Region kämpft um den Erhalt der Elbfähre zwischen Ferchland und Grieben, nachdem der Gemeinderat Elbe-Parey die Stilllegung beschlossen hat. Bleibt es dabei, gibt es auf den 70 Elbkilometern zwischen Magdeburg und Tangermünde keine Brücke und lediglich eine Fähre zwischen Rogätz und Schartau bei Burg. Vor einigen Tagen protestierten mehr als 50 Ferchländer gegen die Stilllegung der Elbfähre. "Lasst uns unsere Fähre", steht auf einem großen Plakat, das Ingo Tiesler direkt vor der Fähre hochgehalten hat und jetzt im Ort auf das Dilemma hinweist.

Viele Menschen in der Altmark und dem Jerichower Land wollen sich mit der Stilllegung nicht abfinden. Am 17. Juni startet die nächste Demonstration um 14.30 Uhr auf der Griebener Elbseite.  

Ingo Tiesler sagt: "Vor 22 Jahren haben wir um diese Fähre gekämpft. Und jetzt werden die Menschen von der Politik belogen und im Stich gelassen."

 

Elbe-Pareys Bürgermeisterin Nicole Golz begründet die Stilllegung durch den Gemeinderat mit einem Defizit in Höhe von 100.000 Euro, das vor allem durch das Niedrigwasser und den damit verbundenen Ausfallzeiten im vergangenen Jahr entstanden war: "Das kann eine kleine Gemeinde nicht kompensieren." Das Defizit aus den vergangenen acht Jahren beziffert sie auf 300.000 Euro.

Aus Sicht der lokalen Wirtschaft beurteilt Elisa Heinke vom TGZ (Technologie- und Gründerzentrum) das Thema so: "Natürlich ist die Fähre für Handwerker und Pendler von großer Bedeutung, weil sie viel Zeit spart. Aber sie ist natürlich auch ein Stück Kulturgut, das unbedingt erhalten werden sollte."

 

Gespräche zwischen Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) und der Gemeinde als Fährbetreiber verliefen kürzlich ohne Ergebnis. Im Gegenteil, Webel sagte in Richtung Gemeinderat: "Treffen Sie eine weise Entscheidung." Und: "Über eine Brücke brauchen wir nicht spekulieren."

 

Eine entsprechende Anfrage des Alpha-Reports an das Verkehrsministerum beantwortet Sprecher Peter Mennicke so: "Die Kosten für den Neubau einer Brücke über die Elbe werden auf 35 bis 50 Millionen Euro geschätzt."

 

Rainer Bonitz aus Derben: "Das Fährschiff ist nicht zu gebrauchen. Der Antriebstyp taugt nicht für die Elbquerung bei Hoch- oder Niedrigwasser. Sehr viel kostengünstiger ist eine Gierfähre, wie sie derzeit in Arneburg genutzt wird. Wir fordern die Gemeinderäte aus Parey und Tangerhütte auf, um den Fährbetrieb zu kämpfen. Ihr Stellenwert wird in einigen Jahren noch größer, wenn die A14 bis Tangerhütte fertiggestellt ist."

 

 

Landrat Burchhardt zum Thema Fähre

So beantwortet Landrat Steffen Burchhardt die Fragen des Alpha-Reports zur Elbfähre-Problematik

 

Alpha-Report: Welche Priorität hat der Fährbetrieb für die Menschen der Region? Ist sie aus Ihrer Sicht wichtig für wirtschaftliche Infrastruktur und Tourismus oder kann auf sie verzichtet werden? 

Steffen Burchhardt: Auch wenn die Nutzerzahlen in den vergangenen Jahren zurück gegangen sind, ist die Verbindung für den Landkreis von Bedeutung. Es gibt schließlich neben der Elbfähre Rogätz keine weitere Querungsmöglichkeit zwischen Magdeburg und Tangermünde. Auch wenn der Radtourismus nicht außer Acht gelassen werden sollte, so stehen doch die täglichen Pendler im Vordergrund.

 

Gibt es auf Landkreisebene Ansätze beziehungsweise Überlegungen, den Fährbetrieb zu unterstützen?

Steffen Burchhardt: Da der Fährbetrieb nicht in unseren originären Aufgabenbereich fällt, wäre eine finanzielle Unterstützung eine politische Entscheidung, die der Kreistag zu fällen hätte. Sinn macht das aber nur dann, wenn man eine Lösung findet, die dauerhaft tragfähig ist. Dazu muss eine Querung das ganze Jahr über möglich sein, für die Nutzer bezahlbar bleiben und der Betrieb annähernd wirtschaftlich arbeiten. Der Kreistag will sich im nächsten Wirtschaftsausschuss mit der Elbquerung auseinander setzen. Im Kreistag sind Stimmen laut geworden, die das Land bei überregionalen Verbindungen in der Pflicht sehen. Die Route ist schließlich auch eingestuft als landesbedeutsam.

 

Sind Gespräche mit der Gemeinde zu diesem Thema geplant?

Steffen Burchhardt: Es haben inzwischen mehrere Gespräche mit der Gemeinde stattgefunden, in denen die Komplexität des Problems deutlich wurde. Für die kommende Woche ist eine Telefonkonferenz anberaumt worden, in der sich die Verantwortlichen beider Elbseiten austauschen werden.

 

Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass in diesem Bereich eine weitere Elbbrücke entsteht?

Steffen Burchhardt: Eine Brücke wäre eindeutig die beste Lösung, da diese nicht vom Wetter oder dem Wasserstand abhängig ist. Bis auf die Werterhaltung nach einigen Jahren gibt es auch kaum laufende Kosten. Die Nutzer sind durch eine Brücke schneller und sparen sich die Fährkosten. Natürlich dauert so ein Vorhaben recht lange und die Investition ist nicht gering. Ich bin skeptisch, dass die Nutzerzahlen hoch genug sind, um derart hohe Investitionen zu rechtfertigen. Im Durchschnitt der letzten drei Jahre hat es täglich etwa 100 einfache Fahrten über die Elbe Ferchland-Grieben gegeben.

 

 


So antwortet das Verkehrsministerium

So beantwortet das Magdeburger Verkehrsministerium die Fragen des Alpha-Reports zur Elbfähre-Problematik.

 

Stichwort: Neue Brücke

Für den Bau einer Brücke über die Elbe sind unter anderem ein Nachweis der Notwendigkeit, ein Wirtschaftlichkeitsnachweis sowie der Nachweis der Alternativlosigkeit zu erbringen. 

Die Notwendigkeit der Brücke müsste mit einer Verkehrsuntersuchung und -befragung belegt werden. Darüber hinaus ist durch eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nachzuweisen, dass das Vorhaben ein positives Nutzen-Kosten-Verhältnis hat und damit wirtschaftlich ist. 

Die Elbe ist ein linienhaftes Flora-Fauna-Habitat-Gebiet. Vor diesem Hintergrund ist nachzuweisen, dass es für das Vorhaben keine Alternative gibt. Für den Nachweis der Alternativlosigkeit wäre daher u.a. darzulegen, dass die jetzt bestehende Fährverbindung nicht aufrechterhalten werden kann. 

Alle Voraussetzungen, die die Brücke erfüllen muss, werden im Rahmen der Vorplanung ermittelt und bewertet. Zum jetzigen Zeitpunkt – nicht begonnene Planung – können daher dazu keine abschließenden Aussagen getroffen werden. 

Die Fährverbindung Ferchland – Grieben befindet sich im Zuge der Kreisstraße K 1196, die die Landkreise Jerichower Land und Stendal verbindet. Die Grenze der beiden Landkreise liegt in der Mitte der Elbe. Über das Projekt – Bau einer Brücke als Ersatz der Fährverbindung – müssten daher beide Landkreise zusammen entscheiden. Die Kosten für den Neubau einer Brücke über die Elbe werden auf 35 bis 50 Millionen Euro geschätzt. Planungszeitraum: Etwa 25 Jahre.

 

 

 

Stichwort: Fähren im Land

 

In Sachsen-Anhalt existieren derzeit 25 Fähren. Hiervon werden 13 Fähren seitens des Landes Sachsen-Anhalt  als landesbedeutsam eingestuft. Die Fähre Ferchland-Grieben gehört dazu.  

Von den 13 landesbedeutsamen Fähren befinden sich 12 in kommunaler Hand. Einzig die Fähre Rogätz befindet sich im Eigentum eines privaten Unternehmens.


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