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Aus einer Eichel kann ein Baum werden - oder ein Brot

Die Auswirkungen der Trockenheit kann man überall in den Wäldern unserer Einheitsgemeinde sehen. „Zu den betroffenen Baumarten gehören Eichen und Fichten“, erklärt Rainer Aumann aus Möser. Der Leiter des Bundesforstbetriebs nennt Beispiele für Gegenmaßnahmen. 

 

 

Der Anfang für den Wald von morgen ist gemacht: Trotz regnerischem Wetters hatten 15 Bürokräfte des Bundesforstbetriebes Nördliches Sachsen-Anhalt Spaß und Freude am erfolgreichen Sammeln von Eicheln. Diese werden nun auf den Freiflächen ausgesät, die durch das trockenheitsbedingte Absterben der Fichten entstanden sind. Insgesamt sollen im Bundesforstbetrieb in diesem Jahr auf 10 Hektar Eichelsaaten erfolgen. „Die Saat ist eine gute Alternative zur Pflanzung, da geeignetes Pflanzmaterial knapp und teuer geworden ist“, sagt Betriebsleiter Rainer Aumann.

Oben gesunde Eicheln, die unteren sind vom Schädling befallen
Oben gesunde Eicheln, die unteren sind vom Schädling befallen

Die Eiche ist ein einheimischer Laubbaum, der mehrere 100 Jahre alt werden kann, klimastabil ist und sehr wertvolles Holz liefert. Aumann: „Ihr ökologischer Wert ist herausragend, da bis zu 1000 Arten an und in ihr leben können (unter anderem Pilze, Flechten, Insekten, Vögel). 

In unserer Region sind vor allem drei Eichenarten verbreitet: Die Stieleiche, die Traubeneiche und die amerikanische Roteiche. Bei der Stieleiche wachsen die Eicheln an einem langen Stiel, während bei der Traubeneiche die Früchte traubenartig angeordnet sind und ihre Fruchtbecher ohne Stiel mit dem Zweig verbunden sind. Die amerikanische Eiche ist etwas schnellwüchsiger, hat wesentlich größere Blätter und ihre Eicheln sind oft rundlich geformt. 

Etwa alle acht Jahre gibt es eine sogenannte Vollmast. Dann produzieren die Eichen riesige Mengen an Eicheln, die der Reproduktion dienen und auch für viele Säugetiere und Vögel eine wichtige Nahrungsquelle sind. In diesem Jahr gab es eine Sprengmast, wo nur ein Teil der Eichen größere Mengen des Samens produzierte. 

Die Revierleiter Julien Reinholz und Volker Schütte hatten im Vorfeld der Sammelaktion die masttragenden Eichen herausgesucht. Sie haben darauf geachtet, dass die Eichen eine gute Stammform und Vitalität aufweisen. Diese Eigenschaften in den Eicheln sind genetisch fixiert und werden an die folgende Generation weitergegeben.

 

Nur gesunde Eicheln können keimen 

 

Wichtig ist beim Einsammeln, dass nur die prallen, unbeschädigten Eicheln verwendet werden. Ein Großteil der heruntergefallenen Eicheln ist taub oder von kleinen Insekten wie dem Eichelbohrer befallen, die die Keimfähigkeit der Eicheln zerstören. Der Eichelbohrer ist ein fünf Millimeter langer Käfer, der häufig vorkommt und zahlreiche Eicheln befällt. Die befruchteten Weibchen fressen mit ihrem Rüssel tiefe Löcher in die unreifen Eicheln und legen dort 1 oder 2 Eier ab. Nach 14 Tagen schlüpfen die weißen Larven und ernähren sich innerhalb der Frucht, wodurch die Keimfähigkeit zerstört wird. Wenn die Larven ausgewachsen sind, verlassen sie die Eichel und überwintern 30 Zentimeter tief im Erdboden. Im Frühjahr verpuppen sich die Larven, die sich dann zu Käfern verwandeln und im Mai oder Juni aus dem Boden herauskrabbeln und es beginnt das Leben der neuen Käfergeneration. 

 

Aus Fichtenmonokulturen werden Eichenmischbestände

 

Nach den extrem trockenen Jahren sind im Bundesforstbetrieb vor allem die flachwurzelnden Fichtenbestände durch den Borkenkäfer befallen und nahezu vollständig vernichtet worden. Diese Flächen sollen jetzt mit einheimischen, standortgerechten und klimastabileren Baumarten wiederbegründet werden. Da das Pflanzgut der Baumschulen mittlerweile sehr knapp und teuer geworden ist, hat sich der Bundesforstbetrieb entschieden, diese Flächen mittels Eichelsaat wieder zu begründen. Dazu werden die gesunden, keimfähigen Eicheln einzeln in einer Tiefe von fünf Zentimetern auf die mit einem Streifenpflug vorbereiteten Flächen in den Mineralboden eingegraben. Diese Saatflächen werden grundsätzlich eingezäunt, da sonst die Gefahr besteht, dass Wildschweine in kürzester Zeit alle Eicheln wieder aus dem Boden herauswühlen und auffressen. Erfahrungsgemäß werden sie zu den Eichen auch noch andere Baumarten wie Birke, Buche und Kiefer über die natürliche Verjüngung auf dieser Fläche mit ansamen, so dass ein abwechslungsreicher und stabiler Mischbestand entsteht. 

Rainer Aumann erklärt den Vorteil gegenüber der Pflanzung so: „Bei der Eichelsaat werden die Wurzeln nicht unterschnitten - wie es bei Pflanzen aus der Baumschule üblich ist. Die eichentypische Pfahlwurzel kann sich somit ungestört bis in mehrere Meter Tiefe entwickeln. 

 

Die Eichel – eine Delikatesse aus dem Wald 

 

Schon seit Menschengedenken wurde die Eiche auch als Nahrungsmittel genutzt. Und das nicht nur in Kriegs- und Notzeiten. Die Eichel ist sehr nahrhaft, enthält 40 Prozent Kohlehydrate, sechs Prozent Proteine und 25 Prozent Fett (überwiegend ungesättigte Fettsäuren). Bekannt ist die Verwertung der Eichel als Kaffeeersatz oder auch als Mehl, das dann zu Brot, Plätzchen, Kuchen oder sonstigen Mehlspeisen verbackt werden kann. 

 

Vor dem Verarbeiten der Eicheln müssen jedoch die bitter schmeckenden wasserlöslichen Gerbstoffe herausgewaschen werden. Dazu muss die reife, schadfreie Eichel geschält und die braune Samenhaut um den Kern entfernt werden. Die Eichelkerne werden dann ins Wasser gelegt, wo sich die Gerbstoffe lösen und das Wasser bräunlich-gelb färben. Dieser Vorgang wird so oft wiederholt, bis die Eicheln gerbstofffrei sind und sich das Wasser nicht mehr eintrübt. Dann werden die Samenkerne getrocknet und können anschließend weiterverarbeitet werden.

 

 

Fotos: Bundesforstbetrieb Nördliches Sachsen-Anhalt

 

Eine schöne Abwechslung zum Büroalltag war das Eichelsammeln. Da werden Kindheitserinnerungen wach, hier Franziska Volkmer und Kati Sprenger (oben)

 

Gesunde Eichel und Eichel, die vom Eichelbohrer befallen ist

 

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