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Abwahl: Bürgermeister bleibt im Amt, erster Rücktritt aus Stadtrat

„Meine Stimme für einen Neuanfang“ war die Überschrift einer Initiative von mehreren Parteien und Wählergruppen in Genthin. Das Ziel, die Abwahl von Bürgermeister Matthias Günther, hat diese Initiative verfehlt. Mit knapp 3000 Ja-Stimmen wurde die erforderliche 30-Prozent-Quote der Wahlberechtigten nicht erreicht. Matthias Günther bleibt  bis 2025 im Amt. Es fehlten knapp 600 Stimmen. Eine Konsequenz daraus ist die Ankündigung von Stadtrat Falk Heidel (Pro Genthin), sich aus diesem Gremium zurückzuziehen.

Interessant ist die Tatsache, dass ihn am Sonntag mehr Menschen abgewählt haben, als ihn damals gewählt (bei der Stichwahl gegen Alexandra Adel).

Hier einige Reaktionen aus dem Genthiner Stadtrat.

Alexander Otto (CDU): Der CDU-Stadtverband Genthin nimmt das Ergebnis mit Bedauern zur Kenntnis, bedankt sich jedoch bei allen Bürgern, die die Chance der Wahl genutzt haben, um dem Bürgermeister die rote Karte zu zeigen. Die Hürden einer solchen Abwahl sind immens hoch, bereits die Einleitung der Abwahl mittels einer 3/4 Stadtratsmehrheit war eine Ansage. Leider konnten im Ergebnis nicht genug Wähler mobilisiert werden. Dennoch haben etwa 3000 Bürger Herrn Günther abgewählt. Somit hat er 700 Gegenstimmen mehr bekommen, als ihn im Jahr 2018 Bürger gewählt haben. Bei der damaligen Stichwahl konnte er lediglich knapp 2300 Stimmen auf seine Person vereinen - das ist ein trauriges Ergebnis für seine Arbeit als Bürgermeister und eine fatale Zwischenbilanz. Es bekräftigt in meinen Augen die im Vorfeld der Wahl gestellten Forderungen an Herrn Günther nach einem persönlichen Rücktritt.

70% der wahlberechtigten Bürger haben die gestrige Wahl nicht für eine Stimmabgabe genutzt. Dies sollte man aber nicht als Unterstützung für Herrn Günther werten, sondern vor allem als Wahlverdrossenheit. Dies wurde auch uns in einigen Gesprächen im Vorfeld der Wahl bestätigt. An der Wahlbeteiligung lässt sich auch selbstkritisch ableiten, dass die Kommunalpolitik an sich nicht mehr so nahe am Bürger dran ist, wie früher einmal.

 

Christoph Neubauer (SPD): Es ist ein enttäuschendes Ergebnis und vor allem schade, dass nur so wenige Genthiner zur Wahl gegangen sind. Dennoch hat die große Mehrheit der Wählenden klar für die Abwahl gestimmt. Es ist fraglich, wie sich unsere Stadt mit diesem Bürgermeister positiv entwickeln soll. 

Jedoch gilt es, das Ergebnis der demokratischen Wahl zu akzeptieren, auch wenn die Wahlbeteiligung sicherlich nicht ganz die Meinung der Bevölkerung widerspiegelt.

 

 

Falk Heidel (Pro Genthin) hat seinen Rücktritt aus dem Stadtrat angekündigt.
Falk Heidel (Pro Genthin) hat seinen Rücktritt aus dem Stadtrat angekündigt.

5 Fragen an Stadtrat Falk Heidel (Pro Genthin)

 

Frage: Wie bewerten Sie das Wahlergebnis?

Heidel: Ich hätte mir für unsere Stadt ein anderes Ergebnis gewünscht. Aber das Resultat ist demokratisch zustanden gekommen. Wir müssen damit leben, dass die Herren Günther und Nitz so weitermachen können wie bisher. Dass es in Genthin eine Wechselstimmung gab, habe ich an vielen Gesprächen zuvor erkennen können. Das belegt auch die Tatsache, dass mehr Menschen für Günthers Abwahl votierten, als ihn damals gewählt haben. Allein das ist aus meiner Sicht eine Aufforderung an ihn zum Rücktritt.

 

Frage: Werden Sie sofort zurücktreten?

Heidel: Ich ziehe mit meinem Rücktritt die Konsequenz aus der gescheiterten Abwahl und übernehme die volle Verantwortung dafür. Ich möchte meiner Fraktion damit auch künftig ein vorbehaltloses Amtieren im Stadtrat ermöglichen. Sebastian Hahn hatte den Abwahl-Antrag seinerzeit unterschrieben, aber Insider wissen, dass ich inhaltlich und organisatorisch für unsere Fraktion WG Genthin-Mützen-Parchen die Fäden gezogen habe. Ich werden nicht sofort zurücktreten, sondern die Übergabe des Fraktions-Vorsitzes vorbereiten und begleiten. Zumal es noch zwei, drei Projekte unserer Fraktion gibt, die wir gemeinsam umsetzen wollen. Ich kann aber zusichern, dass ich im Winter kein Stadtrat mehr sein werde.

 

Frage: Sie sind 2019 erstmals in den Stadtrat gewählt worden. Wie fällt ihr persönliche Fazit aus?

Heidel: Ich habe seinerzeit für Pro Genthin kandidiert, weil wir dort viele Ideen zu Gestaltung und Weiterentwicklung unserer Stadt hatten, die wir im Stadtrat umsetzen wollten. Ich habe schnell lernen müssen, dass die besten Konzepte nichts taugen, wenn der Hauptverwaltungsbeamte im Rathaus mit seinem Amt überfordert ist. Permanent mussten wir uns mit irgendwelchen Auseinandersetzungen des Bürgermeisters mit der ganzen Welt befassen, anstatt die Genthiner Probleme anzugehen und neue Initiativen zu starten. 

 

Frage: Bürgermeister und Stadtrat kommen in der öffentlichen Wahrnehmung nicht gut weg. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Heidel: Zur Arbeit beziehungsweise Nichtarbeit des Bürgermeisters ist in der Vergangenheit alles gesagt worden. An vielen Kommentaren in den sozialen Medien kann man erkennen, dass die meisten Leute nicht wissen, welche Rolle die Verwaltung und welche Funktion ein Stadtrat hat. Da wird gern alles in einen Topf geworfen. Der Unterschied ist, dass ein Bürgermeister dafür sehr anständig bezahlt wird, dass er die Stadt lenkt und verwaltet. Die Stadtratsmitglieder bilden lediglich ein ehrenamtliches Aufsichtsgremium, das die Arbeit des Bürgermeisters bewertet, seinen Beschlüssen zustimmt, ablehnt oder korrigiert. Das tun diese Menschen im Gegensatz zum Bürgermeister nach Feierabend. Aber ein solches Gremium kann nur funktionieren, wenn der Bürgermeister seine Aufgaben verstanden hat. Und das ist leider noch immer nicht der Fall.

 

Frage: Sie reden in der ersten Antwort vom Gespann Nitz/Günther. Warum?

Heidel: Es ist ein offenen Geheimnis, dass Herr Nitz mehrmals pro Woche ins Rathaus ein- und ausgeht. Und schlimmer noch, den Mitarbeitern dort Anweisungen erteilt. Zudem hat er die Abwahl bereits im Vorfeld mit seiner Fraktion im Stadtrat verhindert. Unser Ansatz war es nämlich, die Abwahl im September zeitgleich mit der Bundestagswahl anzusetzen. Das hätte der Stadt Kosten erspart und mit Sicherheit mehr Leute als jetzt zur Abstimmung motiviert. Ich bin mir sicher, an diesem Septembertag wäre die Abwahl erfolgreich verlaufen. Erst nachdem unser damaliger Antrag an den Grünen und Linken im Stadtrat gescheitert war, hatte Nitz verkündet, dass seine Fraktionsmitglieder von jetzt an ohne Fraktionszwang entscheiden dürften. Aus meiner Sicht lässt das tief blicken.

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Kommentare: 1
  • #1

    Katrin (Montag, 09 Mai 2022 21:17)

    Die Bürger haben den Bürgermeister gewählt und die Abwahl ist gescheitert, so ist es.
    Leider fehlen auch Infrastruktur, dadurch finanzielle Mittel und das wird auch ein anderer Bürgermeister nicht verbessern können.
    Wer freiwillig aus dem Stadtrat austreten möchte, das bleibt ja zum Glück jedem selbst überlassen......