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Wie der Gospel-Gesang nach Lostau kam

Für euch berichtet Falk Heidel

 

Gospel ist christliche Musik mit afrikanischem Ursprung. Übersetzt bedeutet Gospel „Evangelium“ oder einfach „Gute Nachricht“. In Lostau pflegen einige musikalische Einwohner in lockerer Runde diese spirituell-volkstümliche Tradition.

 

Sie tragen rote Umhänge an diesem frischen Dezember-Nachmittag beim Gesang einiger fröhlicher Gospel-Titel. Nach einem Gläschen Glühwein begleitet Katrin Getzlaff ihre Gospel-Schwestern bei einem schwungvollen „Kumba Yah“ auf dem Hof ihres elterlichen Grundstücks. Für die Lostauer Gospel-Singer ist dies die „Mutter aller Lieder“. Mit diesem Song hatte vor 20 Jahren alles begonnen.

Damals hatten sich sieben Sängerinnen aus dem Heimatverein zusammengetan, um gemeinsam zu musizieren: „Wir wollten nicht wie in solchen Chören üblich die herkömmliche Volksmusik darbieten, sondern eine ganz andere Richtung bedienen“, erzählt Katrin Getzlaff.

Mit Evelyne Beims an der Spitze übten die Lostauerinnen erste Texte ein. Über die Anfänge schreibt Marlies Getzlaff in der Chorchronik: Evelyne sang uns die Melodie vor - begleitet von einigen Akkorden auf der Gitarre. Wir sangen mit unserem stümperhaften, meist deutschgefärbten Englisch nach.“ Seit dieser Zeit treffen sich die fröhlichen Sängerinnen alle zwei Wochen, um neue Titel einzusingen: „We shall overcome“ zum Beispiel oder „Rock my Soul“. 

Der Gospel-Gesang kommt aus Afrika und Katrin Getzlaff trägt das „Afrika-Virus“ in sich. Von ihren Reisen dorthin bringt sie immer wieder auch neue Titel mit, die der Chor in den afrikanischen Urversionen interpretiert. Den entsprechenden Spirit holt sich die Lostauer Medizinerin aus Ländern wie Namibia, Sambia, Malawi oder Simbabwe. Ein Stück weit professioneller wurde der Gesang nach einem Gospel-Workshop im schweizerischen Lenk. Mittlerweile haben die Chormitglieder über 100 Titel im Repertoire, die sie auch gern bei öffentlichen Auftritten intonieren. Da erklingt zum Beispiel ein „Michael row the boat ashore“ bei Familienfeiern oder in den Kirchen zu Grabow, Theeßen oder Hohenwarthe. 2007 gab es ein kleines, privates Konzert im Magdeburger Dom: „Das war ein erhebendes Gefühl“, erinnert sich Katrin Getzlaff, die ansonsten mehr auf den Spaß an der Freude setzt, als auf Perfektion: „Bei uns kann jeder mit seiner Stimme mitsingen. Wir brauchen nicht den höchsten Sopran und den tiefsten Alt.“

Und trotzdem kommt Kunst von Können. Davon zeugt ein Fernsehauftritt 2004 in der MDR-Sendung „Bingo“. Marlies Getzlaff erinnert sich: „Es war sehr interessant zu erleben, wie eine solche Sendung produziert wird.“ Übrigens: Kurz darauf wurde „Bingo“ eingestellt. Dafür gibt es von den Auftritten der Lostauer Gospel-Singers jeweils eine CD. Dafür sorgt Siegfried Getzlaff, der die Songs mit seiner Technik aufnimmt und auf die Tonträger brennt. Nicht nur deshalb ist er für die aktuell 16 durchweg weiblichen Chormitglieder das Maskottchen. 

Die Wurzeln der Gospel-Musik gehen auf das Mittelalter zurück. Im frühen 17. Jahrhundert brachten portugiesische und spanische Eroberer leibeigene Diener aus ihren afrikanischen Kolonien mit in die “Neue Welt”. Diese Menschen hatten nichts dabei - außer ihre Musik.

 

 

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