Für euch berichtet Falk Heidel
Wie von der Tarantel gestochen rennt der kleine Mischlingsrüde auf seine Besucherin zu. Jenny Oswald (22) will den kleinen Kerl streicheln, bekommt ihn kaum gebändigt, weil er sich so überschwänglich freut. „Pingpong heißt er, weil er pausenlos auf und ab hüpft“, erklärt die Absolventin der Burger Berufsschule. Der kleine Mischlingshund hat in seinem jungen Leben mehr Tiefen als Höhen erlebt. Jenny erzählt: „Pingpong kommt aus einer Sicherstellung. Die Behörden haben ihn Leuten entzogen, die das arme Tier gequält haben.“
Pingpongs Zuhause ist Ankas Gnadenhof in Lüttgenziatz. Als er dorthin kam, musste zunächst ein Knie operiert werden, weil es ausgerenkt war. Die Prozedur hat der dreijährige Hund gut überstanden. Unter den 30 Vierbeinern auf dem Gnadenhof ist Pingpong der mit Abstand temperamentvollste. Für Jenny Oswald war es Liebe auf den ersten Blick. Als sie vor einigen Wochen zum ersten Mal den Gnadenhof betrat, stürzte Pingpong ebenso wild auf sie zu: „Da war es um mich geschehen.“
Zum Gnadenhof kam die Schülerin im Rahmen eines Klassenprojekts: „Wir sollten eine gemeinnützige Einrichtung unterstützen.“ Die Wahl der Klasse 1BÜ18 mit künftigen Kaufleuten für Büromanagement fiel im Bereich Tierschutz auf den Gnadenhof. Hauptsächlich haben die jungen Leute Werbung für ihr Vorhaben auf den sozialen Medien wie Facebook, Instagram oder TikTok gemacht. Zwischendurch hat sich das Projekt in zwei Gruppen aufgeteilt. Am Ende haben die Schüler ein stattliches Ergebnis zusammengetragen: Mehr als 1600 Euro sowie diverse Sachspenden wie Näpfe, Hundeleinen, Decken, Kauknochen und Körbchen. „Das hilft uns enorm. Ohne solche Spenden wäre dieses Heim für Tiere nicht finanzierbar“, sagt Anka Purwin. Sie betreibt den Gnadenhof seit 2015 im idyllischen Lüttgenziatz bei Möckern. Damals hat sie ihr Projekt „Ankas Gnadenhof“ genannt und einen dazugehörigen gemeinnützigen Verein gegründet. Allerdings hat sie bald erkannt: „Der Name trifft unseren Ansatz nicht ganz. ,Lebenhof’ wäre die treffendere Bezeichnung gewesen.“ Tatsächlich wohnen hier 30 Hunde aus allen Altersklassen. Sie alle waren von ihren Besitzern nicht mehr gewollt. Anka sagt: „Oft findet man solche Tiere irgendwo an einem Zaun gebunden, manchmal auch an meinem Hoftor.“ Einige kommen aus dem Ausland - so wie Otto aus Tschetschenien. Der große, weiße Rüde mit seinem plüschigen Fell ist gehbehindert. Tierärzte haben ihn behandelt und eine Prothese angepasst, mit der Otto wieder fast normal laufen kann. In seinem großzügigen Gehege wohnt er in direkter Nachbarschaft zu Marie. Die freche Tierdame ist kein Hund, sondern ein Hausschwein. In den Weihnachtstagen 2020 hatte ein Handwerker das jämmerlich quiekenden Ferkel ein einer Mülltonne gefunden. Anka Purwin: „Ich hab das kleine Schweinchen mit der Flasche aufgezogen.“ Marie ist mittlerweile ein ausgewachsenes, gesundes und lebendiges Schwein. Anka meinte, es sollte nicht einsam aufwachsen. Also besorgte sie zwei Stallgefährten für Marie, die eigentlich längst als Spanferkel auf dem Teller gelandet wären.
Außer den Hunden und Schweinen wohnen einige Waschbären in Lüttgenziatz. Die kleinen Kerlchen ernähren sich von Babymilch, Reiswaffeln oder Obst. „An all diesen Tieren kann man sehen, dass wir in einer Wegwerfgesellschaft leben“, sagt Anka Purwin. Die Kundenberaterin in einem großen Elektronikfachmarkt kam 2013 aus Frankfurt/Oder mit einem Mann und sechs Hunden ins Jerichower Land - geblieben sind nur die sechs Hunde. Stück für Stück hat sie das Heim für Tiere mit sehr viel Liebe zum Detail aufgebaut: „Die Tiere können sich frei bewegen, aber auch zurückziehen. Das ist der Unterschied zu einem Tierheim.“ Sie meint: "Jedes Tier, jede Kreatur hat das Recht auf Leben." Den Berufsschülern vom gemeinnützigen Projekt hat sie kürzlich ihre neuesten Vorhaben gezeigt: Entstehen wird ein beheizbares Hundehaus mit Quarantänestation und ein Waschbärengehege. Die Schüler Isabell Obst, Vivian Stiller, Phillipp Vierling und Jenny Oswald sind sich einig, dass ihre Aktion ein voller Erfolg war. Zu den Unterstützern zählt auch Patrick Zube. Der selbständige Klauenpfleger engagiert sich für den Gnadenhof. Unter anderem kooperiert er mit hiesigen Landwirten und besorgt auf diesem Weg Futter, Heu und Stroh: „Ich werde Anka auch bei den Bauprojekten unterstützen.“ Und Jenny Oswald kommt nun regelmäßig aus Burg nach Lüttgenziatz. Sie ist jetzt Patin für Pingpong, dem wilden Mischlingsrüden.
Kommentar schreiben