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Wie der Meister eine 2800-jährige Tradition pflegt

Aus Remkersleben berichtet Falk Heidel

 

Mindestens 800 Grad heiß muss ein Schmiedefeuer auf der Esse sein, um ein Werkstück formen zu können. Je nach Material wird eine Hitze bis 1200 Grad benötigt“, erklärt Christian Schreiner. Er gehört zu den einheimischen Handwerkern, die glühendes Metall auf dem Amboss mit einem Hammer bearbeiten. Am Rande von Remkersleben pflegt Christian Schreiner eine Handwerkstradition, die in Mitteleuropa seit der Eisenzeit vor 2800 Jahren betrieben wird. Den Schmieden haftet seit dem Altertum etwas Magisches und Mystisches an. Ein Beleg dafür liefern die Mittelaltermärkte in unserer Region, auf denen Schreiner als Christian, der Schmied häufiger anzutreffen ist: „Ich beschränke mich allerdings auf die Märkte in und um Magdeburg. Zuletzt war ich beim Kaiser-Otto-Fest im vergangenen Herbst.“ 

In seinem Schmiedezelt zeigt er den Menschen, wie mit reiner Handarbeit aus rohem Eisen diverse Alltagsgegenstände entstehen. Kerzenständer und Messer, zum Beispiel, oder Suppenkellen aus Messingblech. „Ich erkläre den Menschen unter anderem, warum es schwieriger ist, einen Nagel zu schmieden als ein Messer.“ 

Auf seinem Hof in Remkersleben sind etliche Schmiedekunststücke auch zum Verkauf ausgestellt: Räuchermännchen, ein Drache, Leuchter, Kräutermesser oder eine eiserne Fackel mit Wandhalterung, und, und, und. Schreiner hält sich im Alltag an einen alten Schmiedespruch: „Mag man das Gold und Silber preisen, bei uns zählt nur Stahl und Eisen.“ Seine Werkstatt hat bereits mehrere Gesellschaftsformen überstanden. Schreiner: „Unsere Schmiede wurde im Jahre 1836 durch den damaligen Meister Christian Koch gegründet. Sie war über drei Generationen ein Familienunternehmen, in dem hauptsächlich landwirtschaftliche Geräte wie Kutschen und Ackerwagen hergestellt und repariert wurden.“

Christian Schreiner ist 2004 von Wanzleben nach Remkersleben gezogen und hat die stillgelegte Traditions-Schmiede übernommen. Seine Frau Claudia betreibt hier eine Heilpraktiker-Praxis. Einen früheren Stall hat er zu einer Metallbau-Werkstatt umgebaut. Treppen, Zäune, Tore und Geländer gehören zu seinen Spezialitäten aus der Bauschlosserei. Erst kürzlich hat er eine denkmalgeschützte Grabumfriedung am Kloster Hadmersleben restauriert. Der Metallbau ist sein Broterwerb - Schmiedekunst und Mittelaltermärkte sind seine Hobbys. Ebenfalls seit 2004 ist er Handwerksmeister. Als Mitglied der Metallbau-Innung gehört er zur Prüfungskommission, die für Zwischen- und Gesellenprüfungen der Lehrlinge seiner Zunft in der Börde verantwortlich zeichnet. Auch selbst hat er schon Nachwuchs ausgebildet, der mittlerweile ausgelernt hat. Einen neuen Lehrling würde er gern wieder einstellen, „aber das muss auch menschlich passen“.

Zurück zu den Hobbys: „Mich begeistern die Gestaltung und Funktionalität uralter Haushalts- und Gebrauchsgegenstände“, sagt Schreiner, „historische Schmiedetechniken und Formen sind meine Leidenschaft, die ich auf mittelalterlichen Märkten auslebe.“ Die Faszination liegt für ihn in der Tatsache, dass „die Menschen früher mit wenigen technischen Möglichkeiten großartige Produkte geschaffen haben“. Wie das funktioniert, zeigt der 45-Jährige auch in Schmiedekursen für Jedermann in seiner Werkstatt. Nicht selten interessieren sich auch Frauen für ein Handwerk, das auch von der Kraft in den Oberarmen lebt. Erleben konnten Besucher in den vergangenen Jahren die alte Kunst im Rahmen eines „Schmiede-Spectaculum“ als kulturelles Dorf-Event. Obendrein engagiert sich Christian Schreiner als Vorsitzender der Kirchengemeinde für die Menschen im Ort.

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