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Herr Kuckuck hat ein übles Dekubitus-Problem

Aus Burg berichtet Falk Heidel

 

Herr Kuckuck liegt ordentlich zugedeckt in seinem Bett. „Sein Problem heißt Dekubitus“, erklärt Nicole Ludwig. Die Genthinerin ist im dritten Lehrjahr zur Altenpflegerin beim Corneliuswerk in Burg. Mit Freundin Laura Gadau absolviert sie den Praxisteil ihrer Ausbildung im Altenhilfezentrum am Marienweg. „Wir bilden eine berufliche Fahrgemeinschaft und verstehen uns auch sonst blendend“, erzählt Laura Gadau. Das Pflegebett von Herrn Kuckuck steht heute ausnahmsweise in einem Klassenraum der Burger Conrad-Tack-Berufsschulen. Anlass ist die Berufsorientierungs-Messe, kurz BOM genannt. Hier erklären Nicole Ludwig und Laura Gadau zusammen mit Kollegin Stefanie Just das Dekubitus-Problem des Herrn Kuckuck. „Es handelt sich um Druckgeschwüre an verschiedenen Körperstellen, im Volksmund auch faulendes Fleisch genannt“, erzählt Laura Gadau. Zum Glück ist der gute Herr Kuckuck nur eine Puppe in Lebensgröße. Die Altenpflegerinnen kümmern sich im Alltag unter anderem darum, dass ihre echten Patienten von Dekubitus verschont bleiben. 

60 Aussteller präsentierten sich im Rahmen der BOM auf den verschieden Etagen des Gebäudes und auf dem Schulhof. Einblicke in die 100-jährige Bildungsgeschichte gab es im Schulmuseum „Von der Schuhfabrik zum Berufsschulstandort.“ Nicht nur dorthin führte Schulleiter Dr. Marco Dominé eine Gruppe geladener Gäste (unter anderem Landrat Steffen Burchhardt, Burgs Bürgermeister Jörg Rehbaum und Sparkassenchef Norbert Dierkes). „In diesem Jahr haben wir noch mehr Wert auf Mitmach-Stationen gelegt, um die Schüler noch mehr einzubinden“, sagte Dominé. Zwölf Schulen aus dem Jerichower Land hatte ihre Schüler aus den neunten und zehnten Klassen teilweise mit Sonderbussen in die Berufsschule geschickt. „Wir sind mit Schülern aus sechs Klassen hier“, sagte Heike Fischbach. Die Schulleiterin der Gemeinschaftsschule in Möckern pflegt mit ihrer Bildungsstätte eine Kooperation mit den Burger Berufsschulen, die sich aktuell um das Prädikat „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“ bewerben.

Mit seinen Ehrengästen bog Schulleiter Dominé in die Klassenräume verschiedener Aussteller ab: „Im Hinterkopf haben wir natürlich auch den Ansatz, die jungen Menschen bei Arbeitgebern in unserem Landkreis zu halten.“

 


Thomas Lalla von der Wiedemann GmbH. Links: Lehrer Jonas Kahle. Foto: Alpha-Report
Thomas Lalla von der Wiedemann GmbH. Links: Lehrer Jonas Kahle. Foto: Alpha-Report

Beispiel ist die Wiedemann GmbH in Burg. Hier koordiniert Thomas Lalla seit vielen Jahren die Integration von jungen Menschen in das bundesweit agierende Unternehmen: „Derzeit haben wir 20 Auszubildende im Haus.“ Dazu gehören traditionell auch Einwanderer und junge Leute, die es im Leben nicht immer einfach hatten.“  An 85 Standorten beschäftigt Wiedemann 1450 Mitarbeiter, in Burg sind es 330. Thomas Lalla steht neben einem großen Werbeschild. Darauf steht unter anderem: „Wir zahlen 100 Euro über Tarif.“ Lalla: „Wir suchen Kaufleute im Groß- und Einzelhandel sowie Fachkräfte für Lagerlogistik.“

Ebenfalls 20 Auszubildende beschäftigt der Landkreis in drei Lehrjahren zu Verwaltungs-Fachangestellten. Landrat Burchhardt: „Da gibt es eine Menge zu koordinieren.“ Es ist jetzt das zweite Jahr, dass eine solche Klasse in Burg unterrichtet wird. Zuvor mussten die Azubis nach Haldensleben fahren: „Der Theorieteil hier in Burg macht die  Ausbildung für die jungen Leute im Landkreis deutlich attraktiver“, sagte Steffen Burchhardt. Einige Landkreis-Azubis gaben Einblicke in ihren beruflichen Alltag.

Das tat auch Valentina Gelhard aus Burg. Sie steht kurz vor ihren Abschlussprüfungen zur Bankkauffrau. Gemeinsam mit Ivonne Litschke von der Volksbank Jerichower Land erklärte sie den Schülern, welche Eigenschaften für den Einstieg in diesen Beruf hilfreich sind: „Flexibilität, Zahlenverständnis, Zuverlässigkeit und möglichst ordentliche Noten in Mathe und Deutsch.“ Ivonne Litschke: „Mindestanforderung ist ein erweiterter Realschulabschluss. Jedes Jahr stellen wir drei Azubis ein.“ Sie empfiehlt den Einstieg über ein Praktikum oder den Bankschnuppertag am 26. März. Valentina Gelhard wechselt alle zwei Monate die Abteilungen beziehungsweise Filialen der Volksbank: „Aktuell bin ich in der Kreditabteilung.“ Für das regionale Bankhaus arbeiten aktuell 91 Mitarbeiter, verteilt auf neun Filialen. In den verschiedenen Abteilungen kümmern sich die Mitarbeiter um mehr als 25.000 Kunden. 

„Technik, die begeistert“ hieß es in einem anderem Klassenraum. Die Elektrotechnik-Spezialisten Julian Datow und Alexandru Corduban vom Magdeburger Siemens-Gymnasium hatten ein Experiment zum autonomen Fahren aufgebaut. In Burg unterrichtet Ralf Datow seine Elektrotechnik-Klassen - seine Schüler präsentierten ihren Besuchern eine ganze Reihe an Zukunftsperspektiven der Industrie 5.0. 

 

Das alles kümmert Herrn Kuckuck herzlich wenig. Er liegt seelenruhig in seinem Bett, lässt sich von den Besuchern geduldig drehen und wenden. Nicole Ludwig: „Es ist meine zweite Ausbildung nach einer Lehre zur Bürokauffrau. Irgendwann habe ich gemerkt, dass mir der Altenpflege-Beruf liegt." Aufgefallen ist ihr, dass „unser Beruf in der Gesellschaft endlich mehr wertgeschätzt wird. Auch die Bezahlung hat sich deutlich verbessert.“ Zum Cornelius-Werk gehört weit mehr als die Altenpflege, erklärt Frank Garnich seinen jungen Besuchern. Der pädagogische Leiter aus der Jugendhilfe sagt: „Der Schwerpunkt unserer Angebote liegt im Bereich der Hilfen zur Erziehung.“ Das Corneius-Werk ist eine Einrichtung der Diakonie. 

Die BOM 2020 ist die 17. Berufsorientierungsmesse an den Burger Berufsschulen. "Ziel dieser Messe ist, das Ausbildungsangebot unserer Schule vorzustellen. Unsere Schüler und Lehrkräfte der vollzeitschulischen Bildungsgänge übernehmen das genauso wie die Betriebe der Dualen Ausbildung", erklärt die stellvertretende Schulleiterin Susanne Röver. 

Neu war in diesem Jahr, dass auch Freizeitangebote präsentiert wurden, unter anderem der Verein "Skate & Roll " sowie das Kinder- und Jugendforum der Stadt Burg.

60 Unternehmen, Institutionen und Vereine hatten sich in 18 Berufs- und Schwerpunktfelder präsentiert. 870 Schüler der 9. und 10. Klassen des Jerichower Landes (Sekundarschulen, Förderschulen und des Burger Roland-Gymnasiums) waren neben den Schülern der Berufsbildenden Schulen im Haus unterwegs und haben sich an den Mitmachstationen ausprobiert.

Daumen hoch: Im Café "ConTACKt" haben die Schüler der Altenpflege 245 Euro für das Evangelische Hospiz in Stendal gesammelt. Die Übergabe wird demnächst stattfinden.


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