Eine zierliche Zauneidechse ist kaum 20 Zentimeter lang - und doch so mächtig, das sie den Bau eines Radwegs blockieren kann. Ein Beispiel dafür liefert ein sieben Kilometer langer Straßenabschnitt an der Bundesstraße 1 zwischen Parchen und Genthin im Jerichower Land.
Seit 1995 fordern die Einwohner Parchens diesen Radweg mit allen Mitteln - es gab Demonstrationen, Ministerbesuche, Ratsbeschlüsse, unzählige Anfragen an alle möglichen Behörden und Verkehrszählungen. Außer Versprechungen und Politiker-Floskeln hat sich wenig getan.
Nach einer Einwohnerversammlung am Dienstag glauben die Parchener noch immer nicht wirklich daran, dass dieser Radweg tatsächlich irgendwann gebaut wird. Die Vorträge von drei Vertretern des Landesbetriebs Bau in Sachsen-Anhalt quittierten die Einheimischen abwechselnd mit Kopfschütteln und Gelächter. Ihnen wurde erklärt, dass 2010 genau vier Zauneidechsen am "künftigen Radweg" gesichtet worden seien. Laut Umrechnungsfaktor der Behörde wird die Anzahl des Fundes mit zehn multipliziert. Demnach sollen 40 Eidechsen im nächsten Sommer gefangen und umquartiert werden. Doch viele Parchener bezweifeln die Existenz dieser Tiere fast zehn Jahre nach dem Fund. Aktuelle Beweise für die Existenz gibt es keine. Dennoch soll die Umsiedlungsaktion durchgezogen werden. Sechs große Haufen aus Steinen, Gestrüpp und Baumwurzeln liegen an der Straße. Dort sollen die Tiere im Sommer gefangen werden - mit der Hand oder mit Schlingen. Zehn solcher Einsätze soll es geben. Danach könnte der Bau des Radwegs im Oktober 2020 freigegeben werden. Könnte - denn die Verträge mit einigen Grundstücksbesitzern sind bis dato noch nicht unterzeichnet.
Deshalb fragen nicht nur die älteren Parchener: Ob wir den Radwege-Bau jemals erleben werden?
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