Vom Ausbildungsmarkt berichtet Falk Heidel
Abschlussprüfungen bestanden, Schulzeugnis in der Tasche, Ausbildungsbeginn: Wie hoch ist mein erstes Gehalt? Diese Frage stellen sich viele junge Leute bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Wichtig: Die Vergütung schwankt nicht nur von Betrieb zu Betrieb, sondern auch von Branche zu Branche. Durchschnittlich verdienen Lehrlinge gut 700 Euro pro Monat.
Die Vergütung steigt in jedem Lehrjahr. Allerdings sind die Unterschiede enorm: Während ein Florist bei 420 Euro liegt, bekommt ein Maurer-Lehrling das Doppelte. Ab nächstem Jahr greift der Mindestlohn auch für Azubis: Dann liegt die Untergrenze bei 515 Euro. Im Jerichower Land gibt es aktuell mehr als 350 unbesetzte Ausbildungsplätze in fast allen Branchen. „Junge Leute können also ihre beruflichen Talente frei entfalten“, sagte Landrat Steffen Burchhardt kürzlich bei einer Ausbildungsmesse in der Burger Clausewitz-Sekundarschule. Über das Kooperations-Projekt namens Rümsa will der Landkreis in Kürze eine Praktikums-Börse als Homepage freischalten.
Regelmäßiger Gast auf Ausbildungsmessen ist Thomas Lalla von der Wiedemann GmbH in Burg, einem Systemanbieter für Sanitär, Heizung und Klima mit 16 Niederlassungen in Deutschland und 300 Mitarbeitern. Lalla sagt: „Es wird von Jahr zu Jahr schwieriger, geeignete Lehrlinge zu finden.“ Das Unternehmen bildet Großhandelskaufleute sowie Fachkräfte für Lagerlogistik (dreijährige Ausbildung) und Fachlageristen (2 Jahre) aus. „Seit vielen Jahren arbeiten wir sehr erfolgreich mit Bildungsträgern wie der Rolandmühle oder der Stiftung Bildung und Handwerk zusammen“, erklärt Thomas Lalla. Aktuell zählt er zehn Lehrlinge in seinem Betrieb. Das Unternehmen integriert auch Geflüchtete in verschiedenen Konstellationen. Zum neue Ausbildungsjahr hat allerdings erst ein künftiger Azubi einen Vertrag unterschrieben.
Lalla sagt: „Nicht jeder kann jeden Job machen. Der Einstieg bei uns ist deshalb meistens ein berufsorientierendes Praktikum. Wenn es für beide Seiten passt, steht einer anschließenden Ausbildung oder Festanstellung nichts mehr im Weg.“ Denn: „Man sollte sich nicht nur auf Zeugnisse verlassen. Das Menschliche und die persönliche Erfahrung zählen viel mehr“, meint Lalla. Künftige Fachkräfte generieren will Wiedemann auch durch eine Kooperation mit dem Fachbetrieb von Thomas Illies aus Hohenseeden. Den praktischen Teil ihrer Ausbildung können die Azubis in beiden Unternehmen absolvieren. Lalla: "Das betrifft Kaufleute im Groß- und Einzelhandel mit zusätzlicher Fachausbildung im Heizung-Sanitär-Betrieb."
Sei kein Holzkopf! Mit diesem Slogan wirbt Tischlermeister Peter Ewert um Lehrlinge für seinen Genthiner Betrieb. Er sagt: „Ob Haupt-, Realschulabschluss oder Abitur, auf das Engagement kommt es an. Wer mit Einsatz arbeitet, hat im Berufsleben gute Entwicklungschancen.“ Geschick, Fingerspitzengefühl und Kreativität bezeichnet er als ideale Voraussetzungen für den Tischlerberuf: „Gute Leistungen in Mathe, Physik und Sport sowie logisches Denken sind perfekte Grundlagen für eine Ausbildung in unserer Branche.“
Ewert nimmt jährlich an drei bis fünf Ausbildungsmessen teil. Er meint: „Eleganter wäre, wenn solche Messen nach Berufsrichtungen strukturiert wären. Denn Tischler, Altenpfleger und Verwaltungsangestellte haben wenig Berührungspunkte.“ In seinem Unternehmen mit 20 Mitarbeitern beschäftigt er aktuell drei Lehrlinge. Ein weiterer wird im September hinzukommen. Ausgebildet werden Tischler sowie Produkt-Designer (früher technische Zeichner genannt).
Einen chronischen Mangel an Lehrlingen beklagt das Handwerk seit einigen Jahren. Als Schritt in die richtige Richtung bezeichnet Kreishandwerksmeister Konrad Zahn die Einführung des Mindestlohns für Lehrlinge im kommenden Jahr: „Wenn wir mit anderen Branchen konkurrieren wollen, müssen wir die junge Leute angemessen bezahlen.“ Als ein grundsätzliches Problem bezeichnet er die schlechte Bezahlung einiger Branchen wie Friseure, Fleischer oder Bäcker: „Da ist die Politik gefordert, solche Berufe bei der Honorierung zu unterstützen.“ Zudem fehle es an gesellschaftlicher Anerkennung und Wertschätzung. Denn: „Es kann nicht sein, dass jemand, der 20 Jahre lang nicht gearbeitet hat, besser abgesichert ist als eine junge Friseurin im Berufsleben.“ Allerdings plädiert Konrad Zahn dafür, die Problematik auch aus Sicht der Handwerksbetriebe zu beurteilen: „Die Firmen stecken sehr viel Geld in die Ausbildung ihrer Lehrlinge.“
Einen engagierten Lehrling sucht auch der Burger Bäckermeister Hans-Jörg Meiling: "Leider gehört Bäcker für die meisten Leute nicht zu den Traumberufen. Dabei gibt es jede Menge kreative Entfaltungsmöglichkeiten."
Das gilt auch für Verwaltungsangestellte. Einer der größten Ausbilder ist der Landkreis. „Bei den Berufsmessen fragen die Jugendlichen natürlich, was sie verdienen“, erklärt Ausbildungsleiterin Rona Rudolph. Für diese Fälle hat sie einen kleinen Flyer parat, der solche und andere Fragen beantwortet. Demnach bekommt ein künftiger Verwaltungsfachangestellter im ersten Ausbildungsjahr 1018 Euro pro Monat. Nach zwölf Jahren in Haldensleben findet der Berufsschul-Ausbildungsteil seit 2018 wieder in Burg statt. Aktuell gibt es 20 Lehrlinge an den Kreisverwaltungs-Standorten Burg und Genthin. Rudolph: „Jährlich stellen wir sechs Auszubildende ein. Beworben haben sich in diesem Jahr 92 junge Menschen.“ Nach einer zweijährigen Grundausbildung spezialisieren sich die Azubis in die verschiedenen Richtungen, dieser Prozess ist auch mit Ende der Ausbildung nicht abgeschlossen. Das Einsatzspektrum ist riesig, erstreckt sich von Kasse und Vollstreckung über Führerschein und Jagdrecht bis Umweltschutz und Sozialhilfe. Neu ist die Möglichkeit des dualen Studiengangs „Öffentliche Verwaltung“ an der Hochschule Harz. Der Landkreis schickt zwei Absolventen dorthin.“
Jedes Jahr drei Ausbildungsstellen besetzt Pro Civitate, eine Organisation der Altenbetreuung, Behindertenhilfe und Krankenpflege. Ute Dominé ist Einrichtungsleiterin des Seniorenzentrums an der Burger Bethanienstraße. Die Anlage ist ausgestattet mit Ein- und Zweibettzimmern als auch altersgerechte Wohnungen, die in zwei separaten Wohnhäusern untergebracht sind. Die Einrichtung beschäftigt 55 Mitarbeiter in der Pflege sowie 20 in der Hauswirtschaft. Die Chefin sagt: „Wir suchen engagierte junge Leute, die Freude an der Arbeit mit pflegebedürftigen Menschen haben.“
„Wir zahlen Tarif“, erklärt Simone Jablonski von den Johannitern, die in verschiedenen Kostellationen im gesamten Landkreis vertreten sind, zum Beispiel beim kassenärztlichen Bereitschaftsdienst oder als Kita-Träger. Unter anderem betreibt das Unternehmen die Senioren-Residenz „St. Laurentius“ in Loburg mit 50 Betten. Zu dem Zentrum gehört ein Tiergehege. 30 Mitarbeiter kümmern sich um die Bewohner. Jablonski: „Jedes Jahr stellen wir in Loburg einen Lehrling ein.“
Verdienst im ersten Lehrjahr
Automobilkaufmann: 707 Euro
Bankkaufmann: 990
Bäcker: 565
Bürokaufmann: 840
Dachdecker: 650
Eisenbahner: 904
Elektroniker: 1017
Informatiker: 910
Industriekaufmann: 954
Justizfachangestellter: 937
Gastro-Fachkraft: 684
Gebäudereiniger: 673
Gärtner: 686
Gleisbauer: 840
Fachverkäufer: 557
Fleischer: 497
Forstwirt: 750
Friseur: 412
Mediengestalter: 881
Mechatroniker: 1003
Landwirt: 611
Koch: 684
Kaufmann: 840
Maler: 620
Maurer: 808
Pferdewirt: 619
Verwaltungsfachangestellter: 1018
Zerspanungsmechaniker: 1012
Zimmerer: 808
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