Anne May berichtet aus Hohenwarthe
Wenn Ann-Kristin unterwegs ist, hat sie stets eines bei sich: ihr Skizzenbuch. Das ist ein Muss. Die 19-Jährige liebt es, Dinge mit Bleistift auf dem Papier festzuhalten. Deshalb ist es auch ihr Traum, inzwischen sogar ihr Ziel, Kunst zu studieren. Nicht Kunst im weithin bekannten Sinne. Ann-Kristin möchte Animationsfilme zeichnen, Teil eines großen Produktionsteams werden.
Es scheint, als wäre die frisch gebackene Abiturientin mit einer Note von 1,5 mit Skizzenblättern und Stiften zur Welt gekommen. Sie sagt: „Seit meiner Kindheit male ich. Die Kunst ist ein Teil von mir, so lange ich denken kann.“ An ihr erstes Bild kann sie sich noch genau erinnert. Es war ein Wunschbrief an ihre Eltern. „Damals habe ich mir einen Hund gewünscht“, erzählt sie. Und den habe sie als Dreijährige aufgemalt. Den Hund gab es erst viele Jahre später. Thorin, ein schwarzer Labrador, begleitet das Familienleben erst seit drei Jahren. Die Kunst hingegen, die wuchs zu einem wichtigen Teil in ihrem Leben heran.
Wo immer die junge Frau auch unterwegs ist, sie malt: „Wenn ich in einem Café sitze, male ich die Menschen." In erster Linie sei das für sie Übung. Ein Gast, der lange stille sitzt, komme dabei ebenso gut in Frage, wie die Kellnerin. In allem übe sie sich gern. Das sei der Sinn dieser Aktionen - das Üben. Hin und wieder werde sie darauf angesprochen, fast immer mit großem Interesse. Nur wenige Menschen hätten bisher verlangt, dass sie damit aufhören solle. „Das akzeptiere ich“, sagt sie. Auch hat sie inzwischen festgestellt: „Viele Leute sehen sich immer viel schlechter. Ich gehe beim Zeichnen ganz unvoreingenommen ran.“ Schwierig zu porträtieren seien Frauen mit makellosen Gesichtern, auch Babys und Kleinkinder. Ein vom Leben gezeichnetes Gesicht sei das, was ihr sehr viel Freude beim Zeichnen bereite.
Zu Hause hat Ann-Kristin ihren Schreibtisch direkt vor einem großen Fenster. „Dieser Ausblick ist fantastisch.“ Den Wald vis-á-vis lädt diese Konstellation regelrecht dazu ein, gemalt zu werden, die Gedanken schweifen und auch der Fantasie freien Lauf zu lassen. In ihren Skizzenbüchern, die liebevoll gestaltet und sogar von Stoff umhüllt sind, hat sie im Laufe ihres jungen Künstlerlebens bereits Unmengen an realen und fantastischen Szenen festgehalten. Sowohl der eine als auch anderen Welt verleiht sie hier Ausdruck.
Stundenplan auch nach der Schule
Auch steht eine Staffelei in ihrem Zimmer, auf der in den vergangenen Jahren viele Bilder entstanden sind - Geschenke oder auch Szenen, die sie nur für sich auf diese Weise in Szene setzte: „Malen ist für mich die beste Art, den Alltag zu verarbeiten. Dinge, die ich im Kopf habe, kann ich damit nach außen bringen.“ Und noch etwas treibt sie an: „Es ist die Freude der anderen, wenn ich ihnen ein Bild schenke. Das ist einfach unglaublich.“ Mehrfach habe sie das bereits erlebt. Und eben diese ungeschminkte, spontane pure Freude über ein gelungenes Werk sei für sie der größte Ansporn, weiter zu machen, sich zu fördern und zu fordern. Ihrem Papa, einen großen Herr-der-Ringe-Fan, hat sie ein Bild geschenkt, in dem er als Teil einer Filmszene mit seiner Lieblingsschauspielerin zu sehen ist. Ihrer Oma hat sie nach einem gemeinsamen Disneyland-Besuch ein Bild gemalt: „Sie war davon sehr berührt und hat geweint.“
Neben Eltern, Großeltern und ihren Kunstlehrern am Gymnasium in Hadmersleben war das Internet in den vergangenen Jahren ihr größter Förderer. Und gerade jetzt, in dem Auszeit-Jahr zwischen Abi und Studium, nutzt Ann-Kristin dieses Medium, um sich täglich weiter zu bilden: „Ich habe nach wie vor meinen täglichen Stundenplan.“ Keine Schule zu haben, bedeutet für sie nicht, ein Jahr lang zu gammeln, nichts zu tun. Zielstrebig, gewissenhaft und mit sehr viel Konsequenz bleibt sie mit sehr viel Freude an ihrem Ziel: „Das jetzt ist die entscheidende Phase.“
Die vergangenen Monate hat sie auch genutzt, um sich Hochschulen in Deutschland und auch eine in Salzburg anzuschauen. Gern würde sie in der Schule in Salzburg studieren. Was an Arbeiten einzureichen ist, wird sie bald erfahren. Und sollte der Traum mit der Kunst nicht in Erfüllung gehen, hat Ann-Kristin einen Plan B. Tiermedizin sieht dieser vor. „Deshalb hatte ich auch immer den Ansporn, ein gutes Abitur zu machen“, begründet sie ihr Streben nach dem bestmöglichen Abschluss.
Ihr größter Traum: „Es wäre toll, wenn eines Tages im Abspann eines Animationsfilm mein Name steht.“
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