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Der größte Erfolg des Genthiner Fußballs ist 44 Jahre alt

Diesen Fußballern des SV Chemie Genthin gelang 1974 der Aufstieg in die Bezirksliga. Es ist bis heute der größte Erfolg eines Vereins dieser Kleinstadt. Foto: privat
Diesen Fußballern des SV Chemie Genthin gelang 1974 der Aufstieg in die Bezirksliga. Es ist bis heute der größte Erfolg eines Vereins dieser Kleinstadt. Foto: privat

Die lange Tafel mit weißen Tischtüchern im "Volksgarten" ist festlich eingedeckt. Platz nehmen 18 Fußballer plus Betreuerstab, nachdem die Mannschaft den größten Erfolg der Vereinsgeschichte perfekt gemacht hat:  Die BSG Chemie Genthin steigt 1974 in die Bezirksliga Magdeburg auf. "Nie mehr war eine Genthiner Fußball-Mannschaft im Herrenbereich so erfolgreich wie die damals junge Truppe um ihre Trainer Herbert Knopf und Klaus Gawlefsky", sagte Ex-Fußballer Wulf Thomas 44 Jahre nach dem Aufstieg in die dritthöchste Spielklasse der Republik nach Oberliga und DDR-Liga. Letztere war seinerzeit in fünf Staffeln aufgeteilt.

In ebenfalls fünf Staffeln war die Bezirksklasse gegliedert. Anfang der 70er Jahre waren die Genthiner schon mehrfach dicht dran am Staffelsieg, der 1974 nach 26 Punktspielen endlich gelang. Mit einem Punkt Vorsprung auf Osterburg erspielten sich die Chemiker die Qualifikation für acht Aufstiegsspiele (Hin und Rück) mit den anderen vier Staffelsiegern zwischen der Altmark und dem Harz. Im Juli 1974 war nach einer langen Saison mit 34 Punktspielen aus einem Traum Realität gewonnen. Im letzten Spiel gab es ein 1:1 gegen Post Magdeburg. Achim Greisner war der Kapitän: "Klar waren wir im siebten Fußball-Himmel. Aber es gab keine Bierdusche, keinen Sekt und keine frisch-bedruckten Aufstiegs-Shirts", sagte er kürzlich bei einem Traditionstreffen in Genthin. Träger der Sportgemeinschaft (heute würde man vom Hauptsponsor sprechen) war das Genthiner Waschmittelwerk.

 

Vor der Mannschaftsfeier in der Volksgarten-Gaststätte gab es noch eine große Ehrung für die Aufsteiger-Mannschaft: Der "Blumenstrauß der Woche". Als damaliges "Zentralorgan der SED" vergab die Volksstimme diese Auszeichnung an Brigaden und Kollektive, die sich nach Ansicht der Parteiführung im Arbeitsleben besonders hervorgetan haben. Diesmal waren völlig zu Recht die Sportler an der Reihe. Mit dem Blumenstrauß gratulierte der FDGB-Kreisvorsitzende Horst Hauser. Er sagte damals: "Herangereift ist ein Kollektiv, das hauptsächlich mit spielerischen Mitteln den Erfolg sucht, aber in entscheidenden Situationen den Kampfgeist nicht vermissen lässt."

 

Vor den Genthinern spielte eine zweite Mannschaft aus dem Landkreis bereits in der Bezirksliga: Traktor/Aufbau Parey. Im Gegensatz zu den Pareyern haben die Chemie-Fußballer die Klasse nicht halten können. Wulf Thomas meint: "Aber das Erfolgserlebnis Aufstieg kann den Sportlern keiner nehmen." Entsprechende Traditionstreffen hat es seither schon mehrere gegeben. Unter anderem in den Jahren 2007 und 2010. Das aktuelle Treffen war geprägt vom Austausch der Erinnerungen und vom Fleiß des Akkordeonspielers Herwig Werner, der zum Mitsingen der alten Fußball-Lieder motivierte. Wulf Thomas meint: "Wir haben früher viele Lieder gemeinsam gesungen. Das gehörte zu unseren Erfolgsgeheimnissen." Dies war auch eine Botschaft an die Genthiner Herrenfußballer des Jahres 2018: "Singt gemeinsam - Texte bekommt ihr von uns."

In der vergangenen Saison sind der Kicker von Borussia  aus der Landesklasse in die Kreisoberliga abgestiegen. Anfang der 90er Jahre fusionierten die Fußball-Abteilungen der Genthiner Vereine Chemie und Einheit zum FSV Borussia. Doch der Erfolg von 1974 ist bis heute unerreicht.

 

Die Aufstiegsmannschaft

 

Heinz Wilhelms, Achim Kruse, Achim Thunack, Rainer Sturzebecher, Jochen Schmälzlein, Hans Krenek, Ralf Bensching, Achim Greisner, Jürgen Schoppmeier, Herbert Knopf, Klaus Gawlefsky, Bernd Gerke, Wolfgang Krauser, Wolfgang Fleischer, Herbert Adler, Hans-Jürgen Thunack, Jürgen Hübener und Siegfried Domeier

 

 

Teilnehmer Traditionstreffen 2018 in Genthin

Hintere Reihe: Wulf Thomas, Erhard Güssau, Michael Gottemeier, Siegmund Heinrich, Carsten Kienscherf, Harald Wüst

 

Mittlere Reihe: Peter Schmidt, Ralf Bensching, Peter Krusch, Wolfgang Krauser, Holger Miska, Rolf Franz, Wolfgang Vogt, Jürgen Bosse, Otto Iwersen, Herwig Werner, Wolfgang Fleischer, Siegfried Grothe, Hans-Jürgen Thunack, Jochen Schmälzlein, Ernst Reichert, Klaus Bensel, Wolfgang Vandersee, Achim Greisner, Hans Stach, Rainer John

 

Vordere Reihe: Hannes Prignitz, Horst Uckert, Richardt Ißleib, Klaus Schottke, Herbert Adler, Günter Dieckmann, Wolfgang Förster, Heinz Trull, Manfred Schneider, Klaus Siedentopf, Achim Kruse

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