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Internationales Derby in England: Ralf-Werner König und Jan Peters mitten in der Weltelite

Aus Hickstead berichtet Gesine Dobiasch

 

Kurz noch durchschnaufen, die Erlebnisse vom Hamburger Derby Revue passieren lassen und eine Woche später schon auf dem Weg nach Hickstead. Ralf-Werner König aus Haldensleben erhielt die Chance, mit drei weiteren Derbyspezialisten aus dem Norden beim schwersten Springderby in England, dem Al Shira'aa Derby, anzutreten. Mit Thomas Kleis, Phillipp Makowei und Jan Peters wurde die Reise in kürzester Zeit geplant - es musste einiges beachtet und geregelt werden: Einreisebe-
stimmungen für Reiter und Pferd studieren, gerade bei der unsicheren Brexitsituation, Check der Pferde beim Amtstierarzt, einen großen Transporter organisieren, Reiseroute auf die Fährzeiten abstimmen, und, und, und. Schließlich fährt man nicht so oft mit dem Pferd nach England. Alles war organisiert – es konnte losgehen.

Doch es kam anders: Kleist und Makowei fielen aus - damit war auch der Pferdetransporter nicht mehr verfügbar. Aus der Traum für Peters und König, er war zu Ende bevor er begonnen hatte. „Dann soll es halt so sein“, resümierte Ralf-Werner König. Die Familien und das Team rund um die beiden jungen Männer bestärkten sie, weiter eine Lösung zu finden. Wer weiß, ob so eine Chance wieder kommt - die Zeit wurde immer knapper.  

Die Welt der Pferdefreunde ist groß und hilfsbereit – und so fuhr - wie durch ein kleines
Wunder -  Jan Peters mit einem luxuriösen Pferdetransporter am Montagabend gegen 23.30 Uhr auf den Reiterhof König in Haldensleben. Auf dem Transporter wartete schon der Schimmel von Peters, der 16-jährige Kokolores (vom Kolibri). In Windeseile wurde verladen. Als der selbstgezogene Schecke San Franzisko (14) vom Samenco dann auf dem Lkw stand, fuhren die beiden strahlenden Reiter gen England. Eine weite Strecke lag vor ihnen. Sie fuhren bis zum nächsten Tag und fanden in Belgien in einem Reitstall Unterkunft. Die Pferde konnten sich bewegen, für acht Stunden ausruhen und akklimatisieren bis es dann am Abend mit der letzten Fähre nach England ging. Nach einer aufregenden Fahrt durchs Gewitter landeten sie morgens um 4 Uhr wohlbehalten in Hickstead. 

Beeindruckt waren die beiden erfahrene Reiter von den sieben Reitplätzen, sowie von den Derbyhindernissen, die in ihrer vollen Höhe bereits für Sonntag aufgebaut waren. Der innere Druck stieg bei diesem Anblick, Hindernishöhen von 1,80 Meter inklusive dem Wall und ein langer Parcours lagen vor ihnen. Doch jetzt hieß es erstmal, sich zu qualifizieren. 

Die lange Reise, das andere Klima und die Zeitverschiebung steckten Reiter und Pferd am ersten Turniertag noch ein wenig in den Gliedern. Am zweiten Tag konnten sie ihre Derby-Erfahrungen ausspielen, Kokolores und San Franzisko meisterten den schweren Parcours und haben sich damit für das Derby qualifiziert.  Am Sonntag startete das „Al Shira'aa Derby“, eine CSI4* Springprüfung, in Hickstead. Die Startglocke läutete und San Franzisko wusste genau, worum es ging. Der Kopf geht hoch, die Ohren nach vorn gespitzt und dann ging es in einem frischen Gallopp nach vorn. Er ist nur 1,64 Meter groß und hat ein so großes Herz, dass er Hindernisse überspringen kann, die weit über seiner Widerristhöhe liegen. Ralf-Werner König gibt ihm die Sicherheit, alles schaffen zu können. So sah es fast aus, als ob die beiden fliegen könnten. Am Wall zeigte sich das große Vertrauen von „Schecki“, der nicht einen Moment zögerte, sondern wie selbstverständlich den sicheren Weg nach unten fand. Eine Herausforderung folgte der nächsten – ähnlich wie im Hamburger Derby - Pulvermanns Grab, Holsteiner-Wege-Sprünge, Feldsteinmauer und der breite Wassergraben. Familie und Freunde fieberte zu Hause vor dem Internet-Bildschirm bei jedem Sprung mit. Nach spannenden drei Minuten, normale Springen dauern etwa 60 Sekunden, kamen die beiden glücklich ins Ziel. König konnte in diesem Weltklasse-Springen, neben bekannten Reitern wie Robert Withaker und Shane Breen, den 16. Platz erzielen. Peters sicherte sich den 20. Platz mit seinem Schimmel.

Nach 19 Stunden Fahrt landeten sie wohlbehalten in Haldensleben und wurden von der Familie und dem Team begeistert empfangen und gefeiert. Solch eine tolle Leistung in Hickstead und vorher in Hamburg verdient die höchste Anerkennung. Reiter und Pferde sind über sich hinausgewachsen, haben eine der schwersten Springen der Welt gemeistert. Ralfs Schwester Jessika König-Vogler meint: „Damit ist bewiesen, Schecken können doch springen!“ 

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